Die Richtlinienreihe VDI 2083 „Reinraumtechnik" wurde um ein weiteres Blatt ergänzt: Blatt 18 „Biokontaminationskontrolle“ beschreibt Ursprünge und mögliche Folgen mikrobiologischer Kontamination in der Luft und auf Oberflächen in Reinräumen. Für die Verhütung von Schäden an Lebensmitteln und Getränken ist das Aufdecken und Beseitigen aller Quellen für Kontaminationen und speziell für Infektionen in Produktions- und Lagerräumen von großer Bedeutung. Die in der betrieblichen Praxis bestehenden Gefahren werden oft übersehen.
Viele Praktiker sind überrascht, wenn sie erfahren, dass in Räumen, die einer „normalen, urbanen Umgebungsluft“ ausgesetzt sind, ein Kubikmeter Luft 0,5 – 35 Milliarden Partikel mit einem Durchmesser von mehr als 0,5 µm enthalten kann. Mit einer aufwändigen Filtrationstechnik lässt sich die Partikelzahl auf weniger als 3520 Teilchen pro Kubikmeter Raumluft verringern – ein Wert, der der Reinraumklasse ISO 5 nach DIN EN ISO 14644-1 entspricht [1].
Ablagerungen dieser Partikel auf Arbeitsmitteln, Rohstoffen, Verpackungen und Fertigerzeugnissen sind nicht nur wegen möglicher Verunreinigungen zu beachten. Sie können auch zu einer Kontamination mit Mikroorganismen führen. Auf Partikeln mit Durchmessern von 10 – 20 µm finden sich oft Mikroorganismen. Sie sind daher zugleich der Anlass für eine mikrobielle Kontamination [2].
Solche Kontaminationen sind häufig die erste Etappe einer Prozessablauffolge, für die im Rahmen der warenkundlichen Schadensforschung Schadensmodelle als Voraussetzung für eine effektive Schadensbekämpfung geschaffen worden sind. Wer diese erste Etappe erkennt, kann möglichen Schäden mit dem geringsten Aufwand vorbeugen [3].
Aus diesem Grunde ist die neue VDI-Richtlinie ein wichtiger Leitfaden für das Aufdecken und Ausschalten mikrobieller Gefahrenquellen und für die Sicherung von Bedingungen zur Vorbeugung von Infektionen und späteren Schäden. Schwerpunkte sind dabei u. a. die Anforderungen an die Reinheit von Räumen und von Gegenständen in den Räumen, die Kriterien für ein hygienegerechtes Design und die Möglichkeiten für den Einsatz von Barrieren und Isolatoren. Außerdem werden die Reinigungs- und Desinfektionsverfahren und die im Rahmen des Biomonitoring erforderlichen Kontrollen berücksichtigt.
Hervorzuheben sind die Darlegungen über das hygienegerechte Design. Hier sind glatte und leicht reinigbare Oberflächen zu bevorzugen. Fugen und Ecken sind zu vermeiden. Die Raumecken sollten abgerundet sein. Sie dürfen auf keinen Fall als Nahrungsquelle für Mikroorganismen dienen. Die Materialeigenschaften und die Beschichtungen sind für das Reinigen und Desinfizieren von großer Bedeutung. So ist bekannt, dass die Reinigung und das Desinfizieren durch eine große Oberflächenrauheit stark erschwert wird. Zu beachten ist auch die chemische und die biotische Beständigkeit der Materialoberflächen und das elektrostatische Verhalten. Erwähnenswert sind auch die Reinigungs- und Desinfektionsverfahren. Die Richtlinie verweist speziell auf mechanische Verfahren wie Bürsten sowie auf chemische und biologische Verfahren. Aus der Anzahl der Möglichkeiten sind zu nennen: Die Scheuer-Wisch-Desinfektion, die Sprühdesinfektion, die Tauchdesinfektion und die automatische Desinfektion von Räumen durch Vernebelungstechnologien. Beim Biomonitoring kommt es auf die Kontrolle der Keime im Raum an. Dabei ist festzustellen, ob eine ausreichende Verringerung der Anzahl der Keime gelungen ist. Zur Bestimmung der Mikroorganismen auf Oberflächen sind mikrobiologische und chemische Verfahren einzusetzen. Wenn notwendig, sind die isolierten Keime quantitativ als auch qualitativ zu bestimmen.
Bis jetzt liegt bereits eine Serie von VDI-Richtlinien zur Reinraumtechnik vor, speziell zu Partikelreinheitsklassen der Luft, zur Messtechnik in der Reinraumluft, zur Planung, zum Bau- und zur Erstinbetriebnahme von Reinräumen, zum Betrieb von Reinräumen, zur Reinheit von Prozessmedien, zu molekularen Verunreinigungen der Reinraumluft, zur Reinheitstauglichkeit und Oberflächenreinheit, zur Qualitätssicherung sowie zu Sicherheits- und Umweltschutzaspekten und zu Qualität, Erzeugung und Verteilung von Reinstwasser. Näheres ist dem VDI-Richtlinienkatalog zu entnehmen, den die Beuth Verlag GmbH kostenfrei zur Verfügung stellt.
[1] Keller, M.: Biokontaminationskontrolle, Reinraumtechnik, Heft 1/2012, S. 46 – 48
[2] Lexikon der Warenschäden. Herausgeber G. Grundke. 2. neubearbeitete und erweiterte Auflage. Hannover-Leipzig 1997
[3] Grundke, G.: Warenschäden im Modell. Zur Anwendung der Modellbetrachtung bei der Aufklärung von Warenschäden. Leipzig o. J. (1981)
- GG -
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